Religion in Mosambik
1. Religionen und deren Geschichte in Mosambik
Die umfangreiche portugiesische Kolonialexpansion war von Anfang an das gemeinsame Werk von Krone, Adel, Klerus und frühem Bürgertum. Dabei gingen die Überbringer des Christentums bei der kolonialen Landnahme genau so forsch ans Werk wie ihre weltlichen Brüder. Mondlane kritisierte, dass im 17. und 18. Jahrhundert Dominikaner-Missionare und Jesuiten als Prazeiros Besitzer weiter Ländereien wurden, die Kopfsteuer der Eingeborenen kassierten und Sklavenhandel betrieben. /1/
Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die Rivalität mit Spanien im Prozess der großen geografischen Entdeckungen, deren Ziel in der Ausschaltung konkurrierender Mächte bestand. Um das durchzusetzen, bediente sich Portugal der Machtposition der Papstkirche. Eine von Papst Nikolaus V. 1454 erlassene Bulle sicherte dem portugiesischen Hof die Rechte auf alle bisher entdeckten und künftig beanspruchten Länder. Mit weiteren Edikten von 1493, 1497 und 1499 durch Papst Alexander VI. wurde das abgesichert. Da Konkurrent Spanien gleiche Interessen im Atlantik und im Indischen Ozean verfolgte, einigte man sich auf eine „Aufteilung der Welt“. Diese Teilung der außereuropäischen Territorien in eine portugiesische und eine spanische Sphäre fand ihre Bestätigung durch die gegenseitigen Verträge von Alcáçovas (1479), Tordesillas (1494) und Zaragoza (1529). Die damit vorgegebene Expansionsrichtung sicherte Portugal den Weg nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung und seine Ansprüche auf den Besitz von Brasilien. Diese Aufteilung hatte bis in das 16. Jahrhundert hinein Bestand. /2/
Zu dem im entstehenden portugiesischen Kolonialreich geschaffenen Stützpunktsystem gehörte neben der als Sklavenlieferant nach Brasilien wichtigen afrikanischen Westküste auch die Ostküste des Kontinents, wo Mosambik zunächst die Funktion einer Versorgungs- und Handelsniederlassung auf dem Wege der Portugiesen in das für sie wichtige indische Goa innehatte, seit 1559 Sitz des portugiesischen Vizekönigs.
Im 16. und 17. Jahrhundert begann die Evangelisierung der Bevölkerung Mosambiks. 1577 setzte sich der Dominikanerorden auf der Ilha de Moçambique unter der Leitung der Pater Jerónimo do Conto und Pedro Ususmariz fest. In der Folgezeit gründeten Orden Kirchen in Sofala, Sena und Tete. Die Gesellschaft Jesu war der erste religiöse Orden, der die Evangelisierung der Eingeborenen Mosambiks zum Ziel erklärte. Ihre Missionare kamen erstmals 1560 mit der von Pater Gonçalo da Silveira geführten Expedition ins Land und begannen 1607 mit der Missionstätigkeit. Eine 7-köpfige Jesuitengruppe ließ sich 1610 auf der Ilha de Moçambique nieder. Im 17. Jahrhundert tauchten zeitweilig andere religiöse Orden auf. 1696 ist die Anwesenheit von Augustinern nachweisbar. Mit Francisco da Mota Pessoa trat 1614 erstmals ein Prälat für Mosambik an die Spitze der Kirchenverwaltung. Unter den portugiesischen Königen Pedro II. und João V. wurde die Handelstätigkeit an der Küste ausgebaut und das militärische Vordringen in das Landesinnere forciert. Bei der Festigung der erreichten Positionen spielten die römisch-katholische Kirche und die Missionen eine wichtige Rolle. Rückschläge bei der Kolonialisierung führten 1752 zur Abtrennung Mosambiks aus der Verwaltungshoheit des Vizekönigs von Indien. An die Spitze der Kolonie trat der Gouverneur Francisco de Melo e Castro. Als José I. den Marquês de Pombal (1699-1782) mit den Regierungsgeschäften betraute, versuchte dieser mit eiserner Hand den Verfall der portugiesischen Monarchie aufzuhalten. Er vertrieb die zu einflussreich gewordenen Jesuiten aus Portugal und Mosambik (1759), ließ die Missionare gefangen setzen, reorganisierte das Steuer- und Zollwesen zugunsten des Staates, die Verwaltung, das Militär. Um 1825 drückte sich die kirchliche Krise in der massenhaften Verminderung ihrer Einrichtungen – Kirchen, Gemeinden, Kapellen – mit nur 3540 Christen einschließlich der Sklaven aus. Im gesamten Mosambik umfasste der katholische Klerus 1 Bischof-Prälaten, 5 weltliche Priester, 5 Dominikaner, 1 Karmeliter und 1 Kapuziner, darunter waren 3 Portugiesen, 9 Inder und 1 Chinese. /3/ Mit der Einrichtung von Privatschulen in der Metropole nahm die Missionstätigkeit in Mosambik wieder zu. 1811 traten die Jesuiten wieder auf den Plan. 1910 stürzte in Portugal die Monarchie, die Republik vertrieb die religiösen Orden. In Mosambik wirkten 71 katholische portugiesische Missionare in 25 Missionen. /4/ Mitte der 30er Jahre wuchs die Zahl der Missionen rasch an. (s. 2.)
Die Erziehung der Afrikaner lag fast ausschließlich in den Händen der Kirche. Deshalb ist es notwendig, ihre Position und Aktivitäten zu betrachten. Während die Kolonialakte Gewissens- und Religionsfreiheit deklarierte, stellte die katholische Kirche dem ihr missionarisches Programm gegenüber. Die Regierung der Republik Portugal erkannte die speziellen Rechte und Funktionen der Kirche an, die darin bestanden, die Eingeborenen zu christianisieren und durch Erziehung zu zivilisieren. Bestätigung fand das im Missionar-Vertrag (Acordo Missionário) von 1940 und dem Missionar-Statut (Estatuto Missionário) von 1941. Darin erklärte die Regierung ihre Unterstützung für die kirchlichen Missionsprogramme und engte gleichzeitig die Handlungsmöglichkeiten ausländischer, nichtkatholischer Missionare ein. Von den 7 Millionen Einwohnern hingen etwa 800 000 dem katholischen Glauben an, die von zirka 100 Missionen und Pfarrkirchen betreut wurden, eingeschlossen die Pater verschiedener Orden (Franziskaner, Dominikaner, Benediktiner, Heiliger-Geist-Brüderschaft und Lazaristen). Mondlane gibt an, dass 1959 von 240 Priestern nur drei Afrikaner waren. /5/ Eine der Hauptaktivitäten der katholischen Kirche bestand im Betreiben von Schulen (Primar-, Sekundar-, Berufsschulen, Seminare), Krankenstationen und Hospitälern. Damit wurde der katholischen Kirche die Verantwortung für die Erziehung der Afrikaner übertragen, obwohl deren Masse keine Christen waren. Somit hatte derjenige Schwarze, der zum Portugiesen assimiliert werden sollte, Katholik zu sein. Der Staat erklärte die katholische Missionstätigkeit als unlösbaren Bestandteil des portugiesischen Patriotismus und mit der Identität christlicher und portugiesischer Qualitäten. In der Erziehung einer fügsamen und portugaltreuen Bevölkerung bestand das Ziel der staatlichen Erziehungspolitik. In der Realität tauchten jedoch auch Katholiken in den Führungsgremien der Befreiungsbewegungen auf, so auch im Zentralkomitee der FRELIMO (Felipe Magaia, Militärkommandant; Samora Machel, Leiter der Befreiungsarmee). Mondlane beklagte, dass die Elementarerziehung der Afrikaner durch die katholische Kirche vorwiegend eine mit religiösen Inhalten blieb, während das Niveau des vermittelten Wissens in Portugiesisch, Lesen, Schreiben und Arithmetik auf niedriger Stufe verharrte und sich Geschichte und Geografie auf Portugal beschränkten. Die restliche Zeit verbrachten die Schüler mit Handarbeiten. Der Vatikan unternahm wenig, diesen Zustand zu ändern. 1967 besuchte Papst Paul VI. Portugal und schenkte der Regierung 4,4 Millionen Escudos für „überseeischen Gebrauch“. Die römisch-katholische Kirche stellte sich der mosambikanischen Befreiungsbewegung entgegen. Alvim Pereira, Bischof von Lourenço Marques, formulierte, dass die Forderung „Afrika den Afrikanern“, eine „ungeheuerliche Philosophie und eine Herausforderung an die christliche Zivilisation“ sei, „weil Kommunismus und Islam ihre Zivilisation den Afrikanern aufdrängen möchten.“ /6/
Zum Islam in Mosambik
Seine Anfänge in Mosambik lagen im 9. Jahrhundert, als er sich über Handelsnetze seinen Weg an der ostafrikanischen Küste nach Süden bahnte und sich mit den Shirazi (Xirazi), aus Persien eingewanderten, den Religion und politische Führerschaft in Einheit verkörpernden Herrscherschichten, verband. Vor allem von Sansibar, Mogadischu und Pemba wurde der Handel in den folgenden Jahrhunderten intensiviert. Araber aus Oman beherrschten ihn bis nach Sofala und entfalteten die Suaheli-Kultur mit islamischen Zentren (Sultanate, Scheichtümer). Im gewinnbringenden Sklavenhandel des 19. Jahrhunderts sicherten sich die islamischen Herrscherclans durch Kriege und Bündnisse Zugang zu den Handelsplätzen im Landesinnern und verbreiteten den Islam im Hinterland durch „ein Netzwerk von tonangebenden Chefs und untergebenen muslimischen Sklavenräubern“. /7/ Die ständige Rivalität mit den Portugiesen verstärkte sich, als sich 1897 und 1905 zwei Sufi-Orden (Sufi oder Derwisch: Anhänger des Sufismus), die Shadhuliyya Yashrutiyya und die Qadirriya im portugiesischen Verwaltungszentrum auf der Ilha de Moçambique, niederließen. Auf dem Festland hatten sich aus Indien stammende Muslime festgesetzt, die ihren Schutz durch die portugiesische Verwaltung verloren, als diese 1896 die Insel verließ und in den Süden nach Lourenço Marques zog. Unter Ahmad al-Ngaziji zogen die Qadirriyya auf das Festland und übernahmen die Führerschaft der Afro-Inder. /8/ Das trug dazu bei, den Sufismus, der allgemein als die islamische Mystik gilt, als Massenbewegung zu verbreiten, die vom Willen der Anhänger getragen wurde, Gott nahe zu kommen. Sie sehen die Mystik als einen vom Islam nicht zu trennenden Teil. Konkurrenz zwischen beiden Sufi-Orden bewirkte deren Aufspaltung in mehrere turuq, die im Sufismus unterschiedliche Wege der Mystiker auf der Wanderung zu Gott beschreiten. Bis zum Ende der Kolonialzeit hielt sich der Islam vor allem im Norden Mosambiks, die Führerschaft wurde allerdings im Sinne der matrilinearen Tradition weitergegeben. Muslimische Führungsclans unterstützten die antikoloniale Befreiungsbewegung. Als sich nach der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit Mosambiks die Frelimo 1977 zur avantgardistischen Partei auf dem Boden des Marxismus-Leninismus erklärte, nahm die Religionsfeindlichkeit als Staatsdoktrin den islamischen Führern des Nordens ihre Machtbasis. Der damit einhergehenden Schwächung des Islams stellte sich 1978 eine Wahhabiten-Gruppe unter der Leitung von Abubacar Ismael „Mangira“ in Maputo entgegen und schuf die Voraussetzung für eine künftige nationale Massenorganisation, die den Rivalen im Norden ihren Führungsanspruch verweigerte. Als Wahhabiten vertraten sie eine dogmatische Variante des sunnitischen Islams. Der Koran gilt als das Wort Gottes. Die Anhänger der auf Muhammad ibn Abd al-Wahhab als wichtiger Autorität zurückgehenden Auslegung der ursprünglichen Lehre des Islams, beanspruchen für sich, diese authentisch zu verkünden und lehnen den Sufismus ab, suchen spirituelle Sicherheit. Die Regierung akzeptierte 1981 den Islamischen Rat von Mosambik (Conselho Islámico de Moçambique) und dessen Sekretär Abubacar Ismael „Mangira“. Da sich die nordmosambikanischen und andere Nicht-Wahhabiten von dieser nationalen Organisation nicht repräsentiert sahen, gründeten sie 1983 ihre eigene Vertretung, den Islamischen Kongress von Mosambik (Congresso Islámico de Moçambique), der auch die Sufi-Orden einschließt.
Nach dem Ende des Bürgerkrieges und der Unterzeichnung des Friedensvertrages 1992 erkannte die Frelimo die Bedeutung traditioneller Strukturen, Ämter und Persönlichkeiten (Führer, Heiler, Häuptlinge, …) vor allem in ihrer Rolle im Wahlkampf, fasste sie unter dem Begriff „traditionelle Autoritäten“ zusammen und stellte sie 1996 mit einer Verfassungsänderung unter den Schutz des Staates. Allerdings beruht die Autorität der Führer im Norden heute weitgehend auf ihrer traditionellen, ererbten Bindung durch Verwandtschaft als durch den Islam erworbene Ansprüche.
Für Mosambik als multireligiöses Land gilt, dass für die Masse der Bevölkerung traditionelle Werte und Religionspraktiken gepflegt und auch in Verbindung mit dem christlichen und islamischen Glauben beibehalten und in Misch- und Parallelformen der spirituellen Praxis gepflegt werden. Das betrifft vor allem den verbreiteten Ahnenkult, der die Verstorbenen als Mittler zwischen den Lebenden und den Naturmächten sieht und entsprechende Rituale und Kulte hervorgebracht hat, wie auch weitere Aspekte der Primärreligionen (Naturreligionen, Animatismus, Animismus). In der Kirche Mosambiks ist das während der Gottesdienste in der Dreiheit Gesang – Tanz – Gebet ablesbar. Zuweilen gestalten sie sich mit Mitteln der Magie und des Geisterglaubens und führen Einzelne zu Trance-Zuständen.
Rituale der traditionellen Religionen sind nicht immer an die Kirche als Ort der Ausübung gebunden, sondern werden bei konkreten Anlässen (Missernte, Tod, Krankheit) an gegebener Stelle ausgeführt. Ihr Ziel ist vor allem das Erbitten von Hilfe im Diesseits, während die christlichen Rituale stark auf das Jenseits gerichtet sind. /9/ Fetiçeiros (Zauberer) und Curandeiros (traditionelle Heiler) haben sich 1990 in einem Dachverband vereinigt und genießen staatliche Förderung. Seit 1990 gibt es wieder Religionsfreiheit. Die in der Kolonialzeit weniger eng mit der Kolonialmacht verbundene protestantische Kirche hat sich eine vom Staat relativ unabhängige Position bewahrt. Sie spielt eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Versöhnungsprozess nach dem Ende des Bürgerkrieges und bei der Aids-Prävention und hat sich mit dem Christenrat von Mosambik (Conselho Cristão de Moçambique, CCM) ein Führungsorgan geschaffen, dem 22 protestantische Kirchen und 2 kirchliche Organisationen angehören. Die traditionelle Religion mit ihren Natur-, Ahnen- und unberechenbaren Geistern wird heute vor allem als Ausdruck der Sehnsucht nach Geborgenheit in der Gemeinschaft gesehen. /10/
2. Organisationen
In Mosambik bekennen sich (von etwa 20 Millionen Einwohnern) rund 8 Millionen Menschen als Gläubige zu einer der anerkannten Religionen. 24% davon gehören der römisch-katholischen Kirche Mosambiks an, welche Bestandteil der römisch-katholischen Weltkirche ist und unter der Leitung von Papst und Kurie in Rom steht. Sie ist vor allem auf die zentralen Provinzen konzentriert. 22% sind den Protestanten zuzurechnen (vor allem südliche Provinzen). Die Christen werden von 12 Diözesen, einschließlich 3 Erzdiözesen erfasst. 20% sind Muslime (Küstenzone und nördliche Provinzen). Es existiert eine Hindu-Minderheit, die etwa 0,2% ausmacht.
3. Theologen und deren Lehre
siehe Punkt 1
4. Literatur
/1/ Eduardo Mondlane: Lutar por Moçambique; Sá da Costa, Lisboa 1977, S. 20
/2/ Vergl. Heinrich Loth: Das portugiesische Kolonialreich; Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1982, S.15
/3/ Vergl. Alcântara Guerreiro: Quadros da História de Moçambique; Volume II, Imprensa Nacional de Moçambique; Lourenço Marques 1954, S. 427
/4/ Vergl. Pedro Ramos de Almeida: História do colonialismo português em África. Cronologia século XX; Imprensa universitária, Lisboa 1979, S. 73
/5/ Vergl. /1/, S. 70f
/6/ s. /1/, S. 75
/7/ Liazzat J. K. Bonate: Islam und Stammesführerschaft. In: Mosambik-Rundbrief 75, Bielefeld 2008, S. 34
/8/ Ebenda, S. 34
/9/ Vergl. Bonifácio da Piedade: Zusammenspiel oder Zusammenprall. Katholische und traditionelle Religionspraktiken in Mosambik; In: Mosambik-Rundbrief 65, Bielefeld 2004, S. 19
/10/ Elísio Macamo: Leben in einer unberechenbaren Welt. Traditionelle Religion als Ausdruck der Sehnsucht nach Gemeinschaft; In: Mosambik-Rundbrief 65, S. 20/21
Text auf Portugiesisch:
https://www.rainergrajek.info/religiao-em-mocambique
Text auf Englisch:
https://www.rainergrajek.net/religion-in-mozambique/
Letzte Aktualisierung: 21. Mai 2021